Wenn ihr die folgenden Fragen mit Ja beantworten könnt, dann wisst ihr genau, wovon ich euch im heutigen Artikel erzählen werde: Hardcore – mein Herz und meine Seele in 8 Buchstaben.
Habt ihr jemals etwas so sehr gel(i)ebt, dass es wichtiger als fast alles andere um euch herum geworden ist? Habt ihr jemals all eure Sorgen vergessen, während der Bass einschlug? Seid ihr jemals aufgewacht mit dem Gedanken „Heute ist ein guter Tag, denn es ist Raveday“? Habt ihr jemals auf einem Festival mit Freudentränen in den Augen auf euren favorite Act gewartet? Jemals das Glück verspürt, das sich in euch breit macht, während ein Feuerwerk über euch in die Luft geht, ihr eure Freunde im Arm habt und alles andere so unglaublich unwichtig wird? Habt ihr jemals euren Herzschlag gefühlt, während 200 BPM um euch herum schmettern?
Wir alle vergessen zu fühlen, zu genießen, zu lieben, zu leben. Das ist das Schicksal unserer Gesellschaft. Emotionen wurden peinlich, Ehrlichkeit gehört zu vergessenen Werten. Doch kommt es zurück? Das Gefühl zu leben? Ja, das tut es, im selben Augenblick in dem man die Euphorie eines 5 jährigen Kindes verspürt. Im selben Moment, in dem der Bass einschlägt, genau dann ist sie da, die Wahrnehmung des „I’m alive“ und nichts und niemand kann dir dieses Gefühl nehmen. Die zittrigen Hände, das Herzrasen, das Adrenalin, die Art von freudiger Nervosität und das Glücksgefühl, das deinen Körper durchströmt.
Genau diesen Moment, den so viele Menschen nicht verstehen. Die Freiheit, die einem Musik geben kann. Die Menschen, die zur Familie wurden, weil sie für dasselbe brennen, wie man selbst es tut. Das Gefühl nachhause zu kommen, wenn man sein liebstes Event des Jahres betritt. „Das Event“ auf das man monatelang hingefiebert hat, welches man jedem Urlaub, Shoppingtrip und jeder anderen Priorität vorzieht. Einfach nur um zu fühlen, einfach nur um zu leben, zu lieben und zu vergessen.
Für den Moment, für die Musik, für die Gemeinschaft.
Und selbst wenn es still wird um alle Events und Partys dieser Welt, selbst dann ist es für mich die Motivation „den Arsch hochzukriegen“, meine ganz persönliche Droge, ein Grund um meinen „shit together zu kriegen“. Ein ständiger Wegbegleiter, der mich weder verletzen, noch enttäuschen, dafür mit jedem einzelnen Beat wieder aufbauen kann.
HARDCORE 4 LIFE
Hardcore 4 life … eine Phrase die so schnell gesagt ist, ein Hashtag der so oft verwendet wird, doch wie viel Wahrhaftigkeit steckt manchmal wirklich dahinter? Was ist Hardcore für dich? Ebenso deine Familie? Dein „heimkommen“? Dein ganz persönliches Geheimversteck vor der Welt? Oder vielleicht einfach ein Teil deines Lebens, den du nicht mehr missen möchtest? Wenn du diese Dinge mit einem kräftigen, lauten „JA“ beantworten kannst. Dann weißt du genau wovon ich rede, denn das ist Hardcore für mich, so fühlt es sich an. Ohne DJ’s, Line-Ups, Locations oder anderen Dingen, die im Endeffekt so unbedeutend sind. Hardcore ist da, in Zeiten, in denen man alle Gründe zu feiern hat, aber auch in Zeiten in welchen einem nicht zu feiern zumute ist. Es gibt mir das zurück, was ich im alltäglichen Leben so oft vergesse: Zu fühlen!
Wir leben Hardcore und Hardcore lebt durch uns! Wir, die dafür mit all unserem Herzblut brennen, die den Wert der Musik erkennen, die für so vielen Menschen „wie eine kaputte Waschmaschine“ klingt. Diejenigen, die die Szene am Leben erhalten und gegen alle vorhanden Vorurteile rebellieren. Wir, die niemals aufhören das zu tun, was wir lieben und niemals den Glauben an unsere „Familie“, „unsere Szene“ und „unseren Hardcore“ verlieren. Das sind wir, wir sind #hardcore4life.
Why do I rave?
Because for a short while, a few hours, there are no problems.
The floor becomes a paradise where all are welcomed and none are judged.
I rave because it allows me to see the world the way it should be seen.
„Let me live in a music festival forever“
Auch unser Redakteur Kai hat sich mit einem Thema beschäftigt, welches uns allem am Herzen liegt: Festivals. Er hat in einem kleinen Gedankenexperiment das erste Festival nach der Corona Krise herbeigezaubert. Klickt euch doch hier rein für mehr.
Für mich bedeutet Hardcore auch alles! Schöner Artikel, Lydia. Allerdings gibt es in letzter Zeit Dinge, die mich extrem stören in Bezug auf den kommerziellen Hardcore. Höre die Musik seit mitlerweile 17 Jahren. Mir kommt es so vor als ob die Musik noch nie so wenig Seele hatte wie zurzeit. Letztes Jahr als ich auf der Thunderdome war, ist es mir zum ersten mal passiert, dass ich einen Festivalbesuch „fast“ bereut hätte. Die anderen Besucher waren cool drauf. Deshalb nur „fast“. Aber das Festival war das langweiligste was ich je erlebt habe. Egal welche Area, die Sets haben sich extrem ähnlich angehört. Es hat sich für mich so angefühlt, als wäre ich in einer Dauerschleife von ewig gleichen Rhythmen gefangen. Das schlimmste war meiner Meinung nach das Set von The Satan, obwohl ich Crossbreed eigentlich nicht schlecht finde. Aber das war so langweilig, dass ich nach der Hälfte weiter gehen musste. I:gor hat wie immer überzeugt. Ophidian habe ich leider irgendwie verpasst. Der wäre wahrscheinlich auch gut gewesen aber die meisten anderen waren grauenhaft! D-Fence konnte ich auch nicht lange ertragen. Fast jedes Set war extrem monoton. Mein Kollege, mit dem ich dort war, hat es genauso gesehen (für den ist Hardcore auch ein wichtiger Teil seines Lebens). Also lag es wohl nicht daran, dass sich mein Geschmack plötzlich so stark verändert hätte.
Nach der Thunder ist mir immer wieder aufgefallen, dass nur noch Tracks veröffentlicht werden, die sich anhören wie alles was es zurzeit so gibt. Nichts persönliches mehr darin. Du kannst gar nicht mehr sagen welcher Track von welchem Artist ist, weil sich fast alles gleich anhört. Ehrlich gesagt, wenn es Speedcore nicht gebe, hätte ich jetzt echt ein Problem. Speedcore ist das einzige was noch Emotionen, Abwechslung und experimentelle Elemente beinhaltet. Producer wie Schallfolter, Sucre Rose, TommY RuleZ, To Mega Therion etc. geben sich richtig Mühe atmosphärische Tracks zu produzieren, die teilweise technisch sogar besser sind und bieten ihren Stuff sogar kostenlos an, wie der Großteil der Speedcore Szene. DJ R.Shock hat vor kurzem ein Album mit 60 Tracks rausgebracht! Auf Bandcamp kann man es ab 0€ downloaden (auch lossless) und jeder Track ist sehr unterschiedlich.
Holland hat den Hardcore extrem angepasst. Ich glaube Uptempo ist auch nur deswegen entstanden, weil Holland selbst wenig zur Musik beigetragen hat. In den 90ern war der Hardcore, den die verwendet haben, ja eher der Ursprungshardcore aus Deutschland (Hardcore kommt ja aus Frankfurt). Die Amis haben in den 90ern sogar viel mehr zur Musik beigetragen als Holland. Lenny Dee, DJ Tron und besonders Delta 9 (der übrigens mit die besten Livesets hat, die ich bisher gesehen habe). Vorallem Delta 9 hat damals viel an seinen Kicks gearbeitet um sie härter zu machen.
Uptempo war am Anfang noch OK aber mitlerweile hört sich fast alles gleich an und dummerweise geht das auch auf andere Subgenres über. Holländischer Terror hat z.B. teilweise nur noch wenig mit richtigem Terrorcore zu tun, sondern hat jetzt oft einige Uptempo Elemente drin. Das ist deswegen ein Problem, weil der Terror dadurch weniger rhythmisch ist. Ähnlich wie bei Uptempo. Da gibt es zwar auch einen Ryhthmus aber die Stimmung wird bei Uptempo hauptsächlich durch den Klang der Kick ansich erzeugt.
Das wirkt halt alles echt monoton und wird schnell langweilig.
Und genau das ist das größte Problem an den meisten Subgenres des modernen Hardcores! Wenn man sich mal Early als Vergleich anhört, merkt man dass da viel mehr mit dem Rhythmus rübergebracht wurde. Das ist beim Speedcore z.B. immer noch so. Der Speedcore ist nicht richtig nach Holland gekommen, sondern zu großen Teilen in Deutschland geblieben und hat sich anders entwickelt, als der Mainstream Hardcore. Beim Speedcore hat man jetzt beides. Schön rhythmisch und fette Kicks. Alles was vom modernen Mainstream Hardcore abstammt, ist eher schwach im Rhythmus.
Auch die Festivals haben ihre Seele verloren. Multigroove ist der einzige Veranstalter, der das noch bietet. Schon mal aufgefallen, dass auf der Website vom Ground Zero, es nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, dass das Festival von Multigroove ist? Ilja Reiman ist kein Geschäftsmann wie man ihn sich vorstellt, sondern einer von uns und hat das von Anfang an für die Gabber und Raver gemacht. Multigroove ist der älteste Harder Styles Veranstalter in Holland. Die haben mit Hardcore Raves 1991 angefangen, damals aber noch im illegalen Bereich. ID&T hat das Konzept damals mit der Thunderdome nur kopiert. Auf dem Ground Zero war Delta 9 schon des öfteren (sogar schon auf der Mainstage). Auch Gabba Front Berlin waren schon da (Lacrima Mosa Est ist einer der Tracks, den man mal gehört haben sollte). Das Hellbound Festival gehört auch zu den besten. Die anderen Veranstalter wollen mit Effekten und so verdecken, dass das Lineup kaum Abwechslung bietet. Multigroove ist kein normaler Veranstalter. Multigroove vereint all die Liebe zur Musik, die wir in uns tragen. Die Geschichte sollte man kennen, wenn man in der Harder Styles Szene ist https://www.multigroove.nl/about-us/
Wurde ein langer Text aber das musste mal raus. Ich habe mich so viel mit der Geschichte befasst und sogar so ziemlich alles über die Subgenres gelernt, was Jahre gedauert hat. Aber ich kann euch sagen, es lohnt sich, damit man da irgendwie durchblickt. Hardcore ist mein Leben aber durch die Kommerzialisierung klingt vieles gleich. Da hätte ich lieber kleinere Festivals und dafür abwechslungsreichere Musik mit Seele. Aber zum Glück gibt es noch viele Untergrundlabel.
Finde eure Seite echt mega nice und hoffe dass ihr genau so weiter macht! Euer ganzes Team ist mir ausnahmslos sympathisch und es freut mich, dass ihr etwas aufgebaut habt, was es im deutschsprachigen Raum so noch nicht gab.
Liebe Grüße