Test-
Festivals

Die Zukunft der Festivals Part 1 – (Test-) Events Hard Facts

Wie geht es mit unseren heißgeliebten Festivals nach der Pandemie weiter? Dies ist eine Frage, die wir uns wahrscheinlich alle stellen. Letzten Sonntag verkündete die niederländische Regierung, dass Festivals ab dem 30. Juni wieder stattfinden dürfen, in Deutschland sieht die Lage jedoch ganz anders aus. Dies haben wir uns zum Anlass genommen euch durch diese Artikelreihe umfassend über das Thema „Festivalzukunft“ zu informieren und euch auf die Festivals nach Corona einzustimmen. Heute beginnen wir, indem wir euch Rückblick zu den bereits gelaufenen Test-Events in Deutschland und den Niederlanden zu geben.

Test-Events in Deutschland sind eine Seltenheit

Bereits letzten Sommer fanden in Deutschland vereinzelt unabhängige Pilotprojekte in verschiedenen Kultursektoren und im Sportbereich statt, um die Ausbreitung des Corona-Virus auf Großveranstaltungen zu erforschen. So gab beispielsweise der deutsche Sänger Tim Bendzko im August in der Uniklinik Halle seine Pop-Songs bei drei verschiedenen Szenarien vor insgesamt ca. 1.400 Besuchern im Rahmen des Restart19- Projektes zum Besten. Durch Bewegungssensoren konnte das Verhalten der Testzuschauer von Medizinern der Uniklink Halle überwacht werden. Das Ergebnis der Forscher: Großveranstaltungen mit Sicherheitskonzept und Maskenpflicht sind sehr sicher, solange die geltenden Sicherheitsregeln eingehalten werden und vor allem eine ausreichende Belüftung gegeben ist.

Test- Event Tim Bendzko
Popsänger Tim Bendzko während seines Konzertes im Zuge der Restart19- Projektes
© Tim Bendzko – Facebook

Im Bereich der elektronischen Musik gab es leider keine größeren deutschen Pilotprojekte und seit dem, von der Bundesregierung beschlossenen, erneuten Lockdown ab November 2020 fanden in Deutschland generell kaum mehr Test-Events statt. Ganz anders ist dies in unserem Nachbarland, den Niederlanden.

FieldLab Evenementen erforscht niederländische Kultur-Zukunft durch Test-Events

In den Niederlanden hingegen finden seit Februar diesen Jahres diverse Test-Events statt. Die Organisation “FieldLab Evenementen” arbeitet in Kooperation mit der niederländischen Regierung daran, die Rückkehr zum normalen Festival-Alltag zu ermöglichen, indem sie Konzepte, die auf den Ergebnissen der Test-Festivals basieren, entwickelt. Das detaillierte Konzept und eine Vorstellung der Organisation findet ihr hier. Neben einem Business-Event, einem Fußballspiel und einer Theatervorstellung fand im Zuge der ersten Studienphase auch ein Musik-Festival statt.

Dies war das, nach dem Studiennamen benannte, “Back to Live” Event am 20. März auf dem Festivalgelände in Biddinghuizen, welches ebenfalls Austragungsort der Defqon 1 und des Lowlands-Festivals ist. Die rund 1.500 Besucher dieses Events mussten sich bereits 48 Stunden vor Festivalbeginn und erneut 5-6 Tage danach auf das Corona-Virus testen lassen. Zusätzlich wurden beim Einlass noch zufällig 150 Schnelltest durchgeführt, wodurch 26 Leute aufgrund eines positiven Testergebnisses vom Festival Eingang direkt in Quarantäne versetzt werden mussten. Auch bei diesem Event wurde durch das Tragen eines Bewegungsmelders sowie einer Tracking-App auf die Aufzeichnung der Bewegungen gesetzt.  Auf dem Back to Live – Festival bestand zwar eine Maskenpflicht, allerdings wurde sie von vielen Besuchern ignoriert.  Die meisten Leute auf diesem Festivals hatten wohl, durch die ausgelassene Stimmung und die getrunkene Menge an Alkohol, keine Schwierigkeiten das Corona-Virus zu vergessen.

Zweite Phase der Fieldlab-Test-Events

Die zweite Phase der Back to Live – Studie beinhaltete Veranstaltungen mit höheren Besucherzahlen, wie beispielsweise den Eurovision Song Contest, der im Mai stattfand. Der Startschuss der zweiten Phase erfolgte am 27. März mit einem Outdoor-Fußball Event in Amsterdam. Ob die Maßnahmen, die sich in den vorherigen Pilotprojekten als sinnvoll erwiesen haben auch mit erhöhter Besucherzahl funktionieren, war die zentrale Frage der zweiten Untersuchungsphase. Hier findet ihr eine grobe Übersicht über die Test-Veranstaltungen, die sich im Zuge der Studie ereigneten.

Festivals mit negativem Corona-Testergebnis als Ticket

Doch in den Niederlanden gibt es nicht nur die FieldLab-Untersuchungen, um das Verhalten der Besucher zu analysieren, auch sogenannte Pilotprojekte unter dem Aufhänger “testen voor toegang tot evenementen” (Testen für Zugang zu Events)  fanden dort im April und Mai statt. Durch diese Events sollte spezifischer erforscht werden, wie Corona-Tests dazu beitragen können, Events wieder stattfinden zu lassen.

So durfte auch ein Harder Styles Event im Zuge der Versuchsreihe stattfinden…

Delete hostet einziges & erstes Harder Styles Event seit Phoenix 100 

Mit nur knapp 3 Wochen vor Eventbeginn, gab der niederländische Veranstalter X-Factor Events sehr kurzfristig bekannt, dass er von der niederländischen Regierung ebenfalls die Möglichkeit bekommen hat, ein Test-Festival zu organisieren. Der Name X-Factor Events dürfte dem ein oder anderen schon durch Partys bekannt vorkommen. Der Veranstalter hostet zum Beispiel unter anderem jährlich das größte Zelt auf dem Masters-of Hardcore Festival.

Das Harder Styles Test-Event wurde von keinem geringeren als Delete gehostet. Der Australier ist der erste und bis jetzt einzige Harder Styles DJ, der seit Oktober 2020 ein eigenes Event hosten durfte. Nachdem auch Festivals mit Sicherheitsvorschriften, wie zuletzt die Phoenix 100, aufgrund der neuen Regierungsvorschriften ihre Türen schließen mussten, gab es kein Event in diesem Genre mehr. Im Effenaar in Eindhoven feuerte der Schöpfer der Payback-Kickrolls am 27. April einem Publikum von über 100 Feierwütigen zwei Stunden lang fette Rawstyle Bässe um die Ohren. Sein Support-Act war der charismatische Newcomer Element.

Test-Event Delete
Delete während des Delete-The Show Test-Events im Effenaar
Foto von X-Factor Events- Facebook Account / © Wanyama-photo

Tickets für die 3-stündige Veranstaltung ließen sich über einen Facebook Link kaufen. Für ein Duo-Ticket, also ein Ticket für zwei Personen auf einem Doppelsitzplatz, bezahlten die Besucher 50 €. Doch ein Ticket allein reichte am Eingang nicht aus, auch die Bescheinigung über ein negatives Corona-Testergebnis war hier Pflicht. Innerhalb von 40 Stunden vor dem Event mussten sich alle Besucher testen lassen und das Testergebnis dann in einer Corona-Check-App hochladen, durch die anschließend ein QR-Code erstellt wurde. Hatten die Besucher keinen solchen Code, wurde ihr normales Ticket gar nicht erst eingescannt, sondern ihnen der Zugang zum Event verwehrt. Außerdem waren die Besucher des Festivals angehalten sich ausschließlich auf ihren Sitzplätzen aufzuhalten. Dennoch war die Stimmung sehr ausgelassen. Für weitere Eindrücke zum Event, kann ich euch Alennahs Video-Vlog vom Abend empfehlen.

Ausgelassene Feiern ohne Beschränkungen in Asien

Apropos ausgelassen – zusätzlich erreichen uns von Zeit zu Zeit immer mal wieder Bilder von Menschen, die ausgelassen auf richtigen Festivals, ohne Sicherheitsmaßnahmen, feiern. In Asien scheint die Pandemie so gut wie überstanden und der normale Festival-Alltag kehrt langsam zurück.

Bereits im August 2020 empörten sich zahlreiche Zeitungen sowie Staatsmedien über Bilder von dicht aneinander gedrängten, planschenden Menschen, während eines Techno-Festivals in einem Wasserpark in Wuhan. 

Auf Chinas Nachbarinsel Taiwan fand des Weiteren das Ultra Music Festival im November 2020 statt. Hier mussten Besucher, die von außerhalb der chinesischen Insel angereist waren, zwar 14-Tage in Quarantäne, um am Festival teilnehmen zu können, dennoch gab es kaum sonstige Sicherheitsmaßen. Auch hier standen die Besucher dicht an dicht nebeneinander. Darüber hinaus feierten auf einem Rockfestival in Wuhan im Mai wieder tausende Menschen fast ohne Regeln. “Massentesting” im Voraus und ein strikter Lockdown ermöglichten die anschließende Sause. Dies sind nur ein paar Beispiele für Massenevents in Asien. Wird das Feiern bei uns bald auch wieder so ausgelassen möglich sein?

Dem Thema, ob Festivals in Zukunft bei uns in Deutschland und in den Niederlanden eher mit umfassenden Sicherheitskonzepten wie bei den Test-Festivals gestaltet sein werden oder fast ohne Einschränkungen wie in Asien stattfinden können, widmet sich der, nächsten Dienstag erscheinende, zweite Part dieser Artikelreihe.

Leo Lau
"Pain is temporary, at the end of pain is success!" - Pain is temporary, Thyron

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